Sonntag, 9. Januar 2011

Interpretation Teil 3 Kapitel 2 ( S.164-166)

Der Roman „ Der Vorleser“ von Bernhard Schlink, veröffentlicht im Jahre 1995, handelt von Michael Berg und seiner abhängigen Liebe zu einer älteren Frau,  Hanna Schmitz, die später nach Beendigung der Beziehung  jahrelang verschwindet und dann als KZ-Aufseherin angeklagt wird. Rückblickend erzählt Michael Berg von seinem Leben und die Folgen dieser Liebe, die 1959 beginnt und 1984 endet.
Michael Berg ist ein Junge von 15 Jahren als er an Gelbsucht erkrankt und so eine ältere Frau namens Hanna Schmitz kennen lernt, als sie ihm hilft. Nach seiner langen Krankheit stattet er dieser Frau einen Besuch ab und fühlt sich von ihr sexuell hingezogen, flüchtet aber nach einem unglücklichen Vorkommnis. Doch er bekommt sie nicht aus seinem Kopf und entschließt sich, zu ihr zu gehen um sich für sein beschämendes Verhalten zu entschuldigen. So kommt es zu dem ersten Liebesakt und er verliebt sich in die ältere frau. Immer öfters kommt er zu ihr in die Wohnung und schwänzt sogar die Schule, was ihr nicht verborgen bleibt. Sie zwingt ihn zur Schule zu gehen und so entwickelt sich auch eine Art Liebesritual, da er ihr vor dem Liebesakt aus seinen Schullektüren vorlesen muss. Eines Tages besucht Michael Hanna Schmitz an ihrem Arbeitsplatz, wird aber ignoriert und gibt sich später selbst die Schuld daran, genauso wie bei dem Fahrradausflug. Es wird verdeutlicht, dass Hanna die Dominante in dieser Beziehung ist. Als er sie einmal im Freibad nicht beachtet oder sich nicht traut im der Gegenwart seiner Freunde zu ihr zu kommen, verschwindet sie. Daraufhin  geht er vollkommen der Schule nach, sein Charakter ändert sich auch. Michael macht sein Jurastudium und besucht einen Prozess, das in seinem Studium vorgesehen ist. Dort trifft er Hanna wieder. Sie ist angeklagt, als NS- Aufseherin in einem KZ gewisse Selektionen durchgeführt zu haben. Sie soll auch Frauen und Kinder in einer Kirche sterben lassen haben, ohne einen Versuch zu unternehmen, diese zu retten.                                                                                                       Michael, der nichts von ihrer Vergangenheit wusste, versucht nun sie zu verstehen und gleichzeitig zu verurteilen, wie es sich für einen Jurastudent gehört. Im Laufe des Gerichtprozesses wird ihm klar: Hanna ist Analphabetin. Da sie nicht zu ihrem Analphabetismus steht, beschließt Michael mit dem Richter zu reden, schafft es aber nicht. So wird Hanna zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.        Er lernt Gertrud  kennen und beide heiraten, als sie ein Kind erwartet.
 Dieser Abschnitt, den ich interpretieren werde, handelt  von der Beziehung, die Scheidung, Julias ( seine Tochter) Gefühle und Empfindungen und seine Beziehungen nach der Scheidung.

In der vorbestimmten Textstelle ist der Hauptpunkt Michaels Umgang mit seiner Vergangenheit, die Beziehung mit Gertrud wird nur am Rande erwähnt, sowie auch die folgenden Liebschaften, die er hatte. Die Eindringlichkeit, die Bekräftigung seiner Worte, dass sie  viel Gemeinsames verbindet     ( „ Auch sie war Juristin, wir studierten gemeinsam, bestanden zusammen das Examen und wurden zusammen Referendare.“  S.164. Z. 5-7) sticht durch diese mehrfache Wiederholung des Wortes         „ zusammen“  (Anapher) heraus.
Michael beschreibt Gertrud als gescheite, tüchtige und loyale Frau (S. 164 Z.11-12). Im Gegensatz zu seinen Gefühlen und Empfindungen zu Hanna, die er ausführlich beschreibt, erscheinen die Gefühle gegenüber Gertrud nüchtern, karg und ein wenig kalt. In diesem Kapitel wird mit keinem Wort erwähnt, dass er tiefe Gefühle für Gertrud hegt. Durch seine Worte: „ (..) und wenn es unser Leben gewesen wäre, einen Bauernhof zu führen mit (…) vielen Kindern, viel Arbeit und ohne Zeit füreinander, wäre es erfüllt und glücklich gewesen“ (S.164  Z.12-14) vermittelt er dem Leser das Gefühl, dass er sich in seiner Drei- Zimmer- Wohnung eingeengt und unwohl fühlt.                          Die Wortwahl: „ wäre es erfüllt und glücklich gewesen“ lässt darauf schließen, dass zumindest er nicht mit diesem Umstand glücklich ist. Auch wenn er äußerlich den Eindruck gibt, dass er ein normaler Mann ist und ein ausgeglichenes leben führt, merkt man anhand seiner Gefühle wie es innerlich in ihm brodelt. Es bedrückt ihn, dass er immer wieder die Beziehung mit Gertrud mit der Jugendliebe Hanna vergleichen muss. Die Vergleiche mit Hanna veranlassen ihn dazu, Gertruds allgemeine Handlung abwertend zu beschreiben, genauer gesagt seine Gefühle für Gertrud. ( „Fasst sie sich falsch an und fühlt sich auch falsch an“  S.165 Z.2). Auch in diesem Abschnitt (S.165 Z.1-3) verdeutlicht er seine Eindringlichkeit und bekräftigt seine Gefühle mit dem Wiederholen des Wortes Falsch. Im Unterschied zu dem vergleichbarem Abschnitt ( Z. 5-7) erklärt er in dem ersten Satz grob was er fühlt, nur um ihn dann im darauffolgenden genauer zu formulieren.
 Michael kann zu keiner anderen Frau eine liebevolle Beziehung aufbauen, abgesehen zu seiner Tochter Julia. Sie spielt eine wichtige Rolle in seinem Leben.  In dieser Textstelle beschreibt er wie sein Herz bricht als er Julia das Gefühl der Geborgenheit nicht geben kann. ("wenn ich ging und sie aus dem Fenster sah und ich unter ihrem traurigen Blick ins Auto stieg, brach es mir das Herz" S.165 Z.20 f.)Michaels Schuldgefühle vermehren sich und er macht sich Vorwürfe.
Letztendlich kann man sagen, dass alle Beziehungen die er mit Frauen hat, in die Brüche gingen, da er Hanna nicht verdrängen kann und sie auch unbewusst immer eine Rolle spielt. Julia ist hiermit die Erste, die er nicht verlieren möchte und bei der er nicht unweigerlich an Hanna denkt. Somit ist bewiesen, dass sei eine äußerst wichtige Person in seinem Leben ist.                                                                                                                                    
Dieser Kapitel ist zeitraffend, da die erzählte Zeit größer als die Erzählzeit ist. Die Sätze sind lang, so  erscheint der Erzähler neutral, allwissend und sachlich. Es wird in der auktorialen  Ich-Perspektive geschildert. Die Gefühle Michaels werden nur auf Seite 165 Z.3 f. und Z.33 genauer und beruhen nicht nur auf Fakten. Im Allgemeinen kann man sagen, dass der Text  Teilnahmslosigkeit veranschaulicht.
Das Buch war gut zu lesen und ist äußerst realitätsnah geschildert. An manchen Stellen war es schwer zu verstehen, da die Rückblenden nicht immer deutlich waren. Jedoch war es interessant ein Buch im Unterricht zu lesen, das nicht ein happy End hat. Bestimmt hätte ich den Vorleser nicht gelesen, wenn dieser Roman nicht im Schulstoff vorgesehen wäre. Zum mehrmaligen Lesen, denke ich, ist das Buch nicht geeignet, doch als Lektüre im Unterricht annehmbar.


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